Dialog zu Brandt und Schmidt

Franz Müntefering im Interview mit Gunter Hofmann

Eine Geschichtsstunde der besonderen Art absolvierten Gunter Hofmann als Autor und Franz Müntefering als Moderator, als sie in der Thomas-Valentin-Stadtbücherei Lippstadt ihren Dialog zur schwierigen Freundschaft von Willy Brandt und Helmut Schmidt führten. Die vom ehemaligen Vizekanzler mit dem einstigen „Zeit“-Chefkorrespondenten gelenkte Befragung wurde nun an dieser Stelle vom SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Hans Zaremba ausführlich aufgezeichnet.

LEBENSLÄUFE

Das vom Lippstädter SPD-Ortsverein in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung initiierte Gespräch des langjährigem Spitzenpolitikers und mit dem Journalisten offenbarte, dass die altersmäßig nur um fünf Jahre getrennten herausragenden Sozialdemokraten nicht nur nacheinander Kanzler wurden, sondern die meiste Zeit – in verschiedenen Formationen, zeitweilig eng miteinander verbunden – im politischen Raum tätig waren. Dabei warfen Müntefering und Hofmann vor dem Hintergrund der Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen Blick auf ihre Herkunft, Jugend und frühe Erwachsenenzeit und stellten zugleich die auffälligen Unterschiede heraus. Während Brandt in Lübeck in der sozialistischen Arbeiterkultur aufwuchs, war Schmidt in Hamburg von einem Elternhaus kleinbürgerlicher Prägung umgeben. Auseinander gehen ihre Lebensläufe in den 1930er Jahren. Der Lübecker musste ins Exil und engagierte sich im europäischen Widerstand gegen die Hitler-Tyrannei, der Hamburger hatte für das vom NS-Regime angezettelten Zweiten Weltkrieges Soldat zu werden. Auffallend ist die wechselseitige Hilfe der damaligen Nachwuchspolitiker in den 1950er Jahren. Indem sich der Ältere (Brandt) vor den Jüngeren (Schmidt) gegen Angriffe wegen seiner Rolle als Wehrmachtsoffizier stellte, verteidigte der Hamburger den Lübecker gegen bösartige Verleumdungen aus der Union infolge seiner unehelichen Herkunft und Emigration nach Skandinavien.

AMBITIONEN

Der in Lippstadt durch seine vielen Besuche über ein hohes Renommee verfügende Franz Müntefering ging in dem Interview mit Günter Hofmann, dem Verfasser des Buches über die verstorbenen SPD-Ikonen, auch auf das Verhalten von Brandt als Regierender Bürgermeister von Berlin beim Mauerbau 1961 und das Krisenmanagement von Schmidt als Innensenator von Hamburg bei der Bewältigung Flutkatastrophe 1962 ein. In der heutigen Retrospektive werden diese Leistungen der späteren Kanzler als „Meisterstücke“ beurteilt, die sie für höhere Aufgaben in der noch jungen Bonner Republik prädestinierten. So entwickelte sich zwischen ihnen in den 1960er Jahren nicht nur eine intakte Arbeitsbeziehung, aus der heraus der am 23. Dezember 1918 geborene Schmidt beim am 18. Dezember 1913 geborenen Brandt um eine Freundschaft warb. Der ältere der SPD-Männer hatte jedoch Schwierigkeiten, sich zu öffnen. Inwieweit damals schon beim Hamburger Ambitionen auf das Kanzleramt zu verspüren waren, wurde nicht richtig klar. Vielmehr gehen bis heute die meisten der noch lebenden Beobachter davon aus, dass sich Schmidt allein schon wegen des knappen Altersunterschieds zu Brandt keine Perspektiven für eine Kanzlerschaft ausrechnete. Auch nach dem zweiten vergeblichen Anlauf des Berliner Stadtoberhauptes auf das Palais Schaumburg in 1965 sah der im Hamburger Stadtteil Bergedorf beheimatete eher den Pforzheimer Fritz Erler als einen möglichen Kopf einer SPD-geführten Bundesregierung. In der ersten Großen Koalition (1966 bis 1969) werden vom Buchautor das Nebeneinander des Außenministers Brandt und des nach dem Tod von Erler in 1967 zum neuen Vormann der SPD-Fraktion aufgestiegenen Schmidt registriert.

KONFLIKTE

Der in Lippstadt durch seine vielen Besuche über ein hohes Renommee verfügende Franz Müntefering ging in dem Interview mit Günter Hofmann, dem Verfasser des Buches über die verstorbenen SPD-Ikonen, auch auf das Verhalten von Brandt als Regierender Bürgermeister von Berlin beim Mauerbau 1961 und das Krisenmanagement von Schmidt als Innensenator von Hamburg bei der Bewältigung Flutkatastrophe 1962 ein. In der heutigen Retrospektive werden diese Leistungen der späteren Kanzler als „Meisterstücke“ beurteilt, die sie für höhere Aufgaben in der noch jungen Bonner Republik prädestinierten. So entwickelte sich zwischen ihnen in den 1960er Jahren nicht nur eine intakte Arbeitsbeziehung, aus der heraus der am 23. Dezember 1918 geborene Schmidt beim am 18. Dezember 1913 geborenen Brandt um eine Freundschaft warb. Der ältere der SPD-Männer hatte jedoch Schwierigkeiten, sich zu öffnen. Inwieweit damals schon beim Hamburger Ambitionen auf das Kanzleramt zu verspüren waren, wurde nicht richtig klar. Vielmehr gehen bis heute die meisten der noch lebenden Beobachter davon aus, dass sich Schmidt allein schon wegen des knappen Altersunterschieds zu Brandt keine Perspektiven für eine Kanzlerschaft ausrechnete. Auch nach dem zweiten vergeblichen Anlauf des Berliner Stadtoberhauptes auf das Palais Schaumburg in 1965 sah der im Hamburger Stadtteil Bergedorf beheimatete eher den Pforzheimer Fritz Erler als einen möglichen Kopf einer SPD-geführten Bundesregierung. In der ersten Großen Koalition (1966 bis 1969) werden vom Buchautor das Nebeneinander des Außenministers Brandt und des nach dem Tod von Erler in 1967 zum neuen Vormann der SPD-Fraktion aufgestiegenen Schmidt registriert.

KANZLERWECHSEL

Beim Wechsel der Kanzlerschaft von Brandt zu Schmidt soll der Amtsnachfolger keine unmittelbare Rolle eingenommen haben, vielmehr wird damit verstärkt Wehner in Verbindung gebracht, Dies unterstrich auch die in dem anmutigen Ambiente der Lippstädter Bücherei ausgerichtete Diskussion zwischen Hofmann und Müntefering. Viel wird immer wieder spekuliert, ob es für die Politik von Schmidt nicht förderlicher gewesen wäre, wenn er neben der Kanzlerschaft auch den SPD-Vorsitz von Brandt übernommen hätte. Doch der zweite Kanzler der SPD/FDP-Konstellation hätte keine ernsthaften Versuche gestartet, auch den SPD-Chefsessel einzunehmen. Stattdessen habe es ein erstaunliches Maß von Zusammenwirken des Parteivorsitzenden mit dem neuen Kanzler gegeben. Erst mit dem Aufkommen der Debatte über die Nachrüstung entzweiten sich die tonangebenden Männer im Bonner Kanzleramt und in der benachbarten SPD-Baracke zunehmend.

SCHISMA

Die Uneinigkeit zwischen ihnen fand nach der Sturz von Helmut Schmidt am 1. Oktober 1982 durch die neue Verbindung aus Union und Liberalen und gleichzeitiger Einsetzung von Helmut Kohl als neuen Premier auf dem Kölner SPD-Sonderparteitag im November 1983 ihren Höhepunkt. Keines Blickes würdigte der Vorsitzende dem abgewählten Kanzler, der wiederum wollte nicht mehr zum Parteichef hinsehen. Das Ergebnis der Abstimmung in der tristen Messehalle am Rhein ist schnell erzählt: 400 Delegierten stimmten für den Vorschlag des Parteivorstandes und seines Vorsitzenden Willy Brandt, 13 stimmten dagegen plus Helmut Schmidt. Eine allmähliche Verbesserung des Verhältnisses der international anerkennten Staatsmänner war im Laufe der 1980er Jahre durch ihre weitgehende Übereinstimmung zu der 1989/90 verzeichneten Umwälzungen in Ostdeutschland und in den Warschauer Pakt-Staaten zu erleben, wobei der erste sozialdemokratische Kanzler stärker als sein SPD-Nachfolger eine aktivere Rolle eingenommen habe.