Der heutige Sitzungsort „Rettungszentrum“ hat keine Signalwirkung auf den heute zu beschließenden Haushaltsplan! Es besteht keine Sorge, dass ein unmittelbarer Rettungseinsatz bevorsteht, um die Finanzen des Kreises sicher ins Neue Jahr zu bringen. Die Kommunen in NRW werden im nächsten Jahr vom Land 10,7 Milliarden und damit 260 Millionen mehr als im vergangenen Jahr erhalten. Die Steuerkraft der Kommunen im Kreis Soest steigt im nächsten Jahr um 12,6 Mio € auf 320 Mio € um 4,1% – sie liegt damit sogar leicht über Landesdurchschnitt von 4%. Die relevante Umlagekraft beträgt dann 387 Mio €. Diese erreicht erneut einen Höchstwert. Zusätzlich fließen fast 27 Mio. € Pauschalzuweisungen für Investitionen, Schule und Sport in unsere kreisangehörigen Städte und Gemeinden. Die Zuweisungen vom Land für den Kreis selbst betragen ca. 41 Mio. €. Hinzukommen noch erhebliche Mittel in Millionenhöhe aus dem Kommunalen Investitionsförderprogramm , Bundesteilhabegesetz sowie Gute Schule 2020. Trotz der faktisch wieder gestiegenen Zuweisungen, die eigentlich eine gewisse Zufriedenheit hervorrufen müssten, steht die Kritik an den verteilten Finanzmittel im Vordergrund, eine Kritik, die sich allerdings – wie sich schnell herausstellt – eher im postfaktischen Bereich bewegt. Im Focus der Kritik steht weiterhin der Verteilungsschlüssel der Gelder. Gegen die Verteilung durch das GFG 2012 haben 68 Kommunen geklagt u.a. Anröchte, Bad Sassendorf, Lippetal und Lippstadt. In dem in diesem Jahr verkündeten Urteil hat der Verfassungsgerichtshof keinen Verstoß gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot und auch keine durchgreifende Fehlentwicklung zu Ungunsten der kommunalen Ebene festgestellt. Das Land konnte an der Verteilungsreglung – insbesondere an dem Soziallastenansatz – noch festhalten, da zu diesem Zeitpunkt keine eindeutig vorzugswürdige Alternative entwickelt und im Einzelnen ausgearbeitet worden ist. Selbst die Gutachter der Kläger haben zugegeben: „das GFG ist zwar nicht das best denkbare, aber das best mögliche.“ Selbstverständlich können die Verteilungsfaktoren angepasst werden, wenn die exakten aktuellen Daten vorliegen. Wenige Wochen später bewährte sich das GfG wiederum gegen eine Klage von 72 Kommunen. Auch der Kommunalsoli – bei dem lediglich eine Summe von 0,9 % der Gesamtmasse (= 90 Mio) umverteilt wird – ist verfassungskonform. Dieser Kommunalsoli entspricht im Übrigen der Praxis von 10 weiteren Bundesländern, die seit Jahrzehnten in noch viel höherem Maße in den horizontalen Finanzausgleich zwischen den Städten eingreifen. Ebenso auf der Kippe steht beim Verfassungsgerichtshof in Münster eine Klage von 52 Kommunen gegen die finanziellen Vorgaben zur Inklusion. Weitere Behauptungen, in NRW würden Bundesmittel zur Integration von Flüchtlingen im Haushalt versickern und nicht an die Kommunen weitergegeben, muss deutlich entgegnet werden, dass schon heute das Land unter dem Einsatz eigener Mittel das 1,6 fache der erhaltenen Bundesmittel bereits als Vorleistung an die Kommunen weitergeleitet hat. Weiterhin muss man sich fragen, ob die Kommunen bei ihren Haushaltsplanungen eigentlich bewusst tief stapeln, wenn man die jetzt veröffentlichten Jahresergebnisse aus 2015 analysiert: Geseke Plan – 1,4 Mio Ist Überschuss +1,3 Mio Lippstadt Plan – 7,5 Mio Ist Überschuss +7,8 Mio Lippetal Plan – 760 000 Ist Überschuss + 14 000 Lippetal bleibt ehrlich und teilt mit: abgesehen von 2011 hat die Gemeinde nur positive Jahressabschlüsse in der Bilanz, der Haushaltsentwurf wird gewohnt defensiv ausgerichtet. Kritisiert wird regelmäßig in den Städten und Gemeinden immer wieder die Höhe der Kreisumlage. Ohne auf die weitgehend gesetzlich bedingten Ausgaben des Kreishaushaltes einzugehen, wird die Erhebung der Umlage gern assoziiert mit Worten wie „ berappen“, „Griff in die kommunale Kasse“ …. Wahrscheinlich geben die Bürgermeister erst dann Ruhe, wenn die Kreisumlage nicht erhoben sondern ausgezahlt wird. Dabei kann zur Verdeutlichung der kaum zu beeinflussenden Ausgaben der Bierdeckel von Friederich Maerz helfen: Von der Umlage in Höhe von 165 Mio € sind zunächst als Abzug gesetzt: die LWL- Umlage in Höhe von 75 Mio € , das heißt wir unterhalten uns nicht über eine Umlage von 165 Mio € sondern um 90 Mio. Rechnet man jetzt hinzu, dass der Sozialetat für die Menschen in den 14 Städten ein Defizit von 60,5 Mio € ergibt, für den Etat Schule 10 Mio € Zuschuss nötig sind, für die Kreisstraßen ein Fehlbetrag von 7 Mio entsteht und im wichtigen Bereich Gesundheit 6 Mio zur Deckung erforderlich sind, dann bleibt von der diskutierten strittigen Kreisumlage auf dem Deckel noch einen Streitwert von ca. 6 Mio. übrig. Und davon können weiterabgezogen werden die inzwischen eingetretenen Verbesserungen in Höhe von 2 Mio € bei den Zuweisungen des Landes und die auf Intervention der Kreise eingesparte LWL Umlage. Dann steht noch die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage zur Disposition. In der Tat wurde diese Rücklage, die ursprünglich bei 50 Mio lag, Jahr für Jahr abgebaut, im letzten Jahr noch um 5,6 Mio. Der aktuell verbliebene Restbetrag von 1,8 Mio stellt jetzt gerade einmal 0,5 % der Gesamtsumme des Haushaltes dar. Doch was ist die Ausgleichsrücklage eigentlich?? Lassen wir „Experten“ antworten: Wählervereinigung Bürger für Meckenheim (BfM): Man stelle sich vor: Man hat ein Jahreseinkommen von 30.000 €, das man in Geld bekommt und dieses Geld auch für seinen Lebensunterhalt ausgibt, darf aber noch ein Drittel dieses Betrages – 10.000 € – in eine buchmäßige Rücklage überführen. Aus 100 % werden somit 133 % gemacht, wovon allerdings 33% kein Geld sind. Will man dieses Nichtgeld für den Konsum einsetzen, braucht man einen Kredit. Die Ausgleichsrücklage ist also keine Schatulle sondern ein Überziehungskreditlimit. Obwohl die SPD im letzten Jahr sich für einen verbleibenden Sockelbetrag stark gemacht hat, werden wir in diesem Jahr die Ausgleichsrücklage vollständig in Anspruch nehmen. Warum? Zum einen ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Plus im Jahresergebnis 2016 zu erwarten ist. Zum anderen kommt dem Kreis ein unerwartetes Kreditkontingent von jährlich ca. 2 Mio. durch das Programm „Gute Schule 2020“ zugute – ohne Belastung durch Zins und Tilgung. Der SPD fällt auf, dass viele Kommunen bisher dieses Programm wie Sauerbier verkaufen. Scheinbar passt dieses sinnvolle Milliardenprogramm nicht in das in der Schublade liegende Wahlkampfkonzept einiger Strategen und man verhält sich vor Ort wie Lewis Hamilton in seinen letzten Runden im Rennen um die WM. Wir beschließen heute letztendlich eine Kreisumlage von 160,8 Mio € , die um 7 Mio deutlich unter der lange bekannte Mittelfristplanung und um 3,8 Mio unter dem ursprünglichen Haushaltsansatz bleibt. Der Hebesatz beträgt nunmehr 41,54 %. Nimmt man mal den Hebesatz als Benchmark so wie etwa die Grund- und Gewerbesteuer und vergleicht mit 2012: damals lag der Hebesatz bei 46,47 % !!!! Das Rücksichtsnahmegebot ist also mehr als erfüllt! Auf die Argumentation in den Kommunen, bei der Kreisverwaltung sollen die Standards abgesenkt werden, brauche ich nicht näher eingehen, denn bisher konnten in den Antworten auf die Einwände zum einen die Notwendigkeit und zum anderen geringe Steigerungsraten der Standards nachgewiesen werden. Dafür möchte ich etwas genauer auf die geforderten Kürzungen der freiwilligen Leistungen eingehen: die Kürzung dieser Leistungen werden ja nicht nur von den Kommunen vorgeschlagen, sondern auch hier im Kreistag werden diese Positionen von einigen gerne gestrichen, gesperrt oder erst gar nicht veranschlagt. Gerne wird dem GFG unterstellt, es benachteilige den ländlichen Raum. Doch unsere Region kann man im Sinne der Agenda Kennedys durch eigenes freiwilliges Tun für den Kreis stärken: z.B. durch den Weiterbetrieb des Bücherbusses, Einrichtung ortsnaher Beratungsstellen, das Sozialticket ohne eine Obergrenze, die Verlustabdeckung für die WLE oder Eigenanteile zur Kofinanzierung von Förderprogrammen. Vieles wirkt sich dabei nicht nur positiv auf unseren Haushalt aus sondern auch auf den Haushalt der Kommunen: so hat der Kollege Olaf Reen zutreffend ausgerechnet und veröffentlicht, dass beispielsweise das Kommunale Investitionsfördergesetz des Bundes für die Gemeinde Anröchte eine Entlastung um 80 000 € bringt. Ein schönes Beispiel für die effektive und nachhaltige Wirkung freiwilliger Leistungen ist auch der geringe Beitrag von 1000 € für den Ruhrtalradweg. Bei der Jubiläumsfeier zum 10jährigen Bestehen wurde deutlich, dass der Radwanderweg schon heute etwa 30 Millionen € Umsatz jährlich generiert, von denen auch der Kreis Soest profitiert. Hinzukommen noch Investitionen etwa im Hotel- und Gaststättenbereich. Ähnliche Umsätze dürften auch durch die Römer-Lippe-Radroute entstehen. Und diejenigen, die gerne bei der freiwilligen Sportförderung den Igel in der Tasche haben, sollten bedenken, dass neben Gesundheit und sozialer Integration allein durch ehrenamtliche Tätigkeit im Sport unserer Gesellschaft bundesweit ein Wohlstandsgewinn von 6,7 Milliarden € zuwächst. Nicht nur diese positiven Beispiele zeigen, dass die SPD auf dem richtigen Kurs ist und mit Sicherheit auch bleiben wird. Wir werden daher auch im Haushalt 2017 an bestimmten nachhaltigen freiwilligen Leistungen und zusätzlichen sich refinanzierenden Personalstellen festhalten. So halten wir eine halbe Stelle im Bereich Pflegeberatung aufgrund der gesetzlichen Neuregelungen langfristig für erforderlich. Wir unterstützen freiwillige Ausgaben beim Breitbandausbau, Dorfwettbewerb, Steigerung der Attraktivität unserer drei Bäderorte sowie Eigenmittel für Investitionen in die energetische Sanierung von Kreishaus und Turnhallen. Ebenso begrüßen wir die von den Grünen angeregte personale Aufstockung beim Gewässerschutz – eventuell auch erst im nächsten Jahr. Für die Situation „Flüchtlinge“ hat der Kämmerer die finanzielle Lage zutreffend dargestellt: es sind keine Mehrbelastungen trotz zu erwartender Risiken eingeplant – und das – Herr Topp – ist gut so! Bei der Aufnahme der Flüchtlinge haben Ämter, Behörden und viele ehrenamtliche Helfer großen Einsatz gezeigt, mit zusätzlichen freiwilligen 20 000 € sollen Projekte – auch mit den erfolgreich arbeitenden freien Trägern – organisiert und durchgeführt werden, die die Vermittlung von Werten zum Ziel haben. Im Rechnungsprüfungsausschuss habe ich festgestellt, dass das prognostizierte Jahresergebnis von 2015 wiederum punktgenau erreicht wurde. Ich habe gesagt: irgendetwas im Finanzmanagement läuft hier perfekt ab, ich weiß nur nicht was. Mit Sicherheit sind es auch die kleinen soeben beschriebenen Stellschrauben der freiwilligen Leistungen, die ein oder andere zusätzlich geschaffene halbe Personalstelle, der geringe Anstieg der Nettopersonalkosten von 2,8 % und die gezielten Konsolidierungen in den einzelnen Budgets der Dezernate – denn sie allen tragen mit dazu bei, um langfristig einen stabilen berechenbaren Haushalt aufzustellen, der auch mögliche Risiken auffangen kann. Damit kann ich überleiten zum Dank an den Kämmerer und seine Mitarbeiter in der Abteilung Finanzwirtschaft, Dank auch für die fundierte Antwort auf die Einwände der Kommunen, deren Lektüre ich jetzt zum Jahreswechsel allen Ratsmitgliedern in den Kommunen empfehle. Lassen sie mich abschließen mit dem bekannten Zitat von Voltaire „wir sind verantwortlich für das, was wir tun, und auch für das, was wir nicht tun“. In diesem Sinne hat die SPD an dem Haushalt 2017 mitgearbeitet, Perspektiven aufgezeigt und bittet um Ihre Zustimmung, damit unser Kreis auch im kommenden Jahr ein sehr verlässlicher Partner für die Kommunen bleibt.
Haushaltsrede der SPD zum Kreishaushalt 2017 von Dr. Günter Fiedler
