Unterbezirksausschuss diskutiert über Wichtigkeit der Leseförderung

„Die Förderung des Lesens und damit des Buches ist so wichtig wie eh und je, der traditionelle Bücherbus ist jedoch nicht die richtige Antwort auf die Anforderungen der aktuellen gesellschaftlichen Realität.“ Mit diesen Worten fasste Marlies Stotz, Landtagsabgeordnete, Kreisvorsitzende der SPD und in Düsseldorf als engagierte Bildungspolitikerin tätig, die Diskussion im sozialdemokratischen Unterbezirksausschuss zusammen. Vor zahlreichen Mandatsträgern aus dem ganzen Kreisgebiet hatte zuvor Wilfried Jäger, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Kreistag, über die aktuelle Diskussion berichtet.
Jäger, selbst jahrelanger Befürworter der Einrichtung Bücherbus erklärte, dass der Bücherbus in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts zur Bekämpfung des Bildungsgefälles zwischen Stadt und Land eingerichtet worden sei. „Die Bildungschancen von Kindern aus kleinen Dörfern waren damals katastrophal, durch eine Vielzahl von Maßnahmen existiert diese Problematik nicht mehr. Auch einem Kind aus einem kleinen Dorf an der Haar stehen die Wege zum Abitur weit offen.“ Christian Klespe, Vizefraktionschef des Regionalrates beim Regierungspräsidenten, wies darauf hin, dass der Bücherbus seine Unterstützung kreisweit verloren habe. Nicht ein einziger Bürgermeister, kein Stadt- oder Gemeinderat, kaum ein Ortsvorsteher, keine Bildungseinrichtung spreche sich mehr für den Bücherbus aus. Der seit Jahrzehnten für eine soziale Bildungspolitik engagierte Kreistagabgeordnete Fritz Henneböhl (Rüthen) sagte: „Die Bildungsproblematik im Stadt-Land-Gefälle existiert nicht mehr, dagegen gibt es große Herausforderungen durch bildungsferne Schichten, die eher in den größeren Orten des Kreises zu Hause sind.“ Es sei ein Alarmruf, wenn laut einer internationalen Studie ein Viertel der Viertklässler an den Grundschulen nur über sehr eingeschränkte Lesefähigkeiten verfüge. Hier gelte es mit einer modernen und zielorientierten Leseförderung anzusetzen, Bildungsexperten beim Kreis Soest seien gerade dabei, ein zukunftsweisendes Konzept zu erarbeiten. Vizelandrat Dr. Günter Fieder, in seiner beruflichen Tätigkeit in der Schulleitung einer Geseker Schule tätig, betrachtete den Komplex mehr aus finanzpolitischer Sicht. „ In den nächsten 20 Jahren zwischen 6 und 8 Millionen € für dieses Projekt auszugeben, steht in keinem Verhältnis zur Nutzung. Lt. Statistiken der Kreisverwaltung konnten zum Beispiel in 2016 nur ca. 1 300 Bürger als aktive Nutzer registriert werden. Das steht in keinem Verhältnis zu den hohen Ausgaben von Steuergeldern.“ Susanne Helfrich, Vorsitzende des Sozialausschusses im Kreistag, bewertete die von Bücherbusbefürwortern ins Spiel gebrachte neuen Zusatzaufgaben des Busses. Von ihnen wurden medizinische Grunduntersuchungen im Bücherbus angeregt. „Wie soll das bei 160 Haltestellen im Kreis und einer Verweildauer von 30 Minuten vor Ort ohne medizinische Apparate und Fachleute sinnvoll organisiert werden?“ In einem abschließenden Statement wies Fraktionschef Wilfried Jäger auf den gesellschaftlichen Skandal hin, dass in kaum einem anderen entwickelten Industrieland der Zusammenhang zwischen Bildungsstand der Eltern und Schulerfolg der Kinder so hoch sei wie in Deutschland.
„ Das ist die zentrale bildungspolitische Herausforderung, ein Bücherbus, der bis in 2040 rollen soll, kann hier in keiner Weise helfen.“